«Das besondere Leuchten der Imi Bar»
Mixology, 16.11.2021:
Seit ihrer Neueröffnung ist die Bar im Volkshaus Basel dem deutschen Künstler Imi Knoebel gewidmet, der den Ort mit einem besonderen Fenster- und dadurch Lichtkonzept ausgestattet hat. Wie die Imi Bar ihren Beitrag zu der am rechten Rheinufer erst aufkeimenden Barszene leisten will, erklärt Barchef Steven Fergusson.
Das Volkshaus Basel ist ein Boutique-Hotel im Herzen von Kleinbasel, das in seinen großzügigen Veranstaltungsräumen auch Kunst im Hotel-Alltag erlebbar machen will. Das geschieht in Form einer Einbindung von Künstlern oder dem Repertoire der Eigentümer in Form von Bildern oder Skulpturen. Teil des gastronomischen Hotelkonzepts sind eine Brasserie wie eine Bar, die in Anlehnung an die Hotelzimmer-Nummerierung ursprünglich Bar No. 1 hieß.
Seit September diesen Jahres – und gerade rechtzeitig zu Beginn der Kunstmesse Art Basel – heißt die hoteleigene Bar nun Imi Bar. Der Grund dieser Umbenennung liegt auf der Hand bzw. vielmehr im Auge, wenn man die besondere, gläserne Ausstattung betrachtet: Sie ist das Werk des deutschen Künstler Imi Knoebel. Dessen dreireihige, in bunten Farben schillernde Glasfenster am oberen Ende der bodenlangen Barfenster sind die architektonische Besonderheit, die mittels Lichteinfalls die Atmosphäre der Bar farbenfroh und warm erscheinen lässt.
„Wenn am Morgen oder zu Mittag die Sonne durch die Glasfenster scheint, dann dringen alle diese Farben bis auf den Boden der Bar vor und bewegen sich. Abends spiegeln sich die Gläser dann im Spiegel hinter der Theke wider. Dazu noch ein wenig Kerzenlicht und vielleicht einen Dry Martini – das ist wirklich besonders“, zeigt sich Steven Fergusson von seiner neuen Arbeitsstätte beeindruckt. Der Barchef mag, dass Kultur, Kunst und Architektur im gesamten Hotel eine spürbar große Rolle einnehmen.
Es darf sprudeln in der Imi Bar
Imi Knoebels gläsernes Kunstwerk in Kleinbasels restaurierter Trinkstätte ist bereits das zweite in seiner Karriere als Maler, Bildhauer und Vertreter des deutschen Minimalismus. Auf Wunsch von Frankreich hatte der in Dessau geborene Knoebel schon die Kathedrale Notre-Dame de Reims, die während des Ersten Weltkriegs von deutschen Streitkräften stark beschädigt worden war, mit bunten Glasfenster-Ornamenten ausgestattet. Diese wurden in den Jahren 2011 und 2015 in der ehemaligen Krönungsstätte der französischen Monarchen installiert.
Die nordfranzösische Stadt Reims gilt als das Zentrum der Champagne-Produktion und wird als vermeintliche Hauptstadt der gleichnamigen Region wahrgenommen. Auch in der Imi Bar könnte es künftig mehr sprudeln. Steven Fergusson spielt sich gerade mit dem Gedanken, auch einen nach Imi Knoebel benannten Drink zu kreieren, der so aussehen könnte: „Farbig, vielleicht in Blau oder Orange, aber das kommt noch.“ Dem geäußerten Trinkvorlieben des Künstlers zufolge, der ab und an zu Besuch im Volkshaus Basel gastiert, sollte der Drink am besten sprudeln. Mehr aber kann und will Steven Fergusson, der zuvor als Bartender im Conto 4056 gearbeitet und dort Chloé Merz abgelöst hatte, noch nicht verraten.
Barszene in Kleinbasel poppt erst auf
„Das Trinkkonzept der Imi Bar beinhaltet viel Lokales mit saisonalen Schwerpunkten, ist sehr simpel und nur wenig mixologisch angehaucht, weil der Ort selbst stärker belebt werden muss. Cocktailkultur ist vorhanden, aber Gäste müssen erst an diese herangeführt werden. Anders als in Großbasel poppt die Barszene in Kleinbasel erst auf“, skizziert der Barchef die örtliche Lage, wo es weniger gehobene Trinkstätten als am linken Rheinufer gibt. An einem meterlangen Metalltresen will der geborene Basler mit schottischen Wurzelns seitens des Vater und philippinischen Wurzeln seitens der Mutter nach langer, pandemiebedingter Auszeit endlich wieder Gäste empfangen. Ein Fokus auf Spirituosenkategorien wird neben stark nachgefragten Gütern wie Wein, Bier und Schaumwein nicht inszeniert. Die Barkarte gilt während des ganzen Tages wie auch in der Brasserie, die vom fünfköpfigen Imi Bar-Team versorgt wird.
Think local… wenns geht.
Auf der Karte setzt der 35-jährige Barchef auf klassische Cocktails mit Twists sowie eine überschaubare Auswahl vorwiegend regionaler Produkte. Fergussons Motto: think local, wenn geht; und weniger ist mehr, denn für einen Gin & Tonic braucht es eben nicht zig Gins und Tonics. Regional bedeutet im Dreiländereck auch, dass beispielsweise Wermut aus dem angrenzenden Frankreich beigesteuert wird und von den Baslern mit einem Schweizer Gin im Dry Martini zum Aperitif angestoßen wird. „Leider aber nicht so oft wie mit einem Espresso Martini, der als das aktuelle In-Getränk gefühlt an jedem Tisch und oft nach dem Essen bestellt wird“, erzählt Fergusson, der als gelernter Koch als passionierter Quereinsteiger in der Bar landete.
„Die Barkarte muss zudem auch international belegt sein, weil wir viele Gäste aus dem Ausland beherbergen, die explizit nach bestimmten Spirituosen wie einem Single Malt aus Schottland fragen“, beschreibt Fergusson die Imi Bar als Quartierbar für Einheimische sowie Treffpunkt vieler internationaler Gäste, die sich gerade zur Art Basel um jeden der rund 45 Plätze im Inneren und 40 auf der Terrasse tummeln. Wenn die Imi Bar – gegenüber eines Cineasten-Treffpunkts gelegen und Teil eines vielbespielten Hauses – sich mal des Andrangs nicht erwehren kann, dann schlägt der Gastgeber das Herz als Alternative vor. Gemeint ist die benachbarte Bar der Kollegen Martin Bornemann und Norbu Tsering. Eine Cocktailschmiede, die seit dem Vorjahr Barkultur in Kleinbasel verströmt. „Das Herz hat einen Bypass bekommen“, scherzt Fergusson und freut sich über den gegenseitigen Austausch. Schließlich will auch Fergusson die Barkultur am rechten Rheinufer forcieren und Gäste schrittweise mit dieser infusionieren.
Zwei eigens kreierte, klassisch inspirierte Cocktails pro Spirituosenkategorie mit maximal fünf Ingredienzien machen die Hauptkarte aus. Zukünftig soll sie mit saisonalen und mit Monatsdrinks ergänzt werden. Einer saisonal-regionalen Ausrichtung folgend sind Erdbeeren im Winter am Imi-Tresen natürlich tabu. Im Sommer sind sie durch nahegelegene Bauernhöfe allerdings nur einen Katzensprung entfernt und integrativer Bestandteil des Menüs. Genauso wie Äpfel und Birnen, Kürbisse – oder Rote Beete, die aktuell im Fokus steht und während des vergangenen, verregneten Sommers „wie verrückt gewachsen ist“.
Das Gemüse wird in der Küche als Spirituosen-Infusion oder zur Herstellung von Cordials und Sirups verwendet. Im spritzigen „Rouge Cocktail“ vereint sich ein Rote Beete-infusionierter Schweizer Gin mit Maiskölbchen-Aufguss, Zuckersirup und Soda zu einem erdigen Aromen-Geschmacksprofil. Einen Rotationsdampfer gibt es in der Imi Bar nicht. „So etwas haben wir leider nicht“, so der Barchef. „Bis auf den Volkshaus Aged Negroni beispielsweise, der bis zu zwei Monate im französischen Eichenfass lagert, wird bei uns alles frisch zubereitet.“
Na gut… vielleicht doch einen Espresso Martini
Geht es um Rum, dann liebäugelt der Barchef mit Rhum Agricole und auf einen Rum-Cocktail bezogen mit einem Petit Punch (Ti Punch). Sein liquider Genuss könnte so verlaufen: ein Dry Martini zum Apéro, vielleicht ein Manhattan zum Hauptgang und – das wollte er eigentlich nicht sagen – ein Espresso Martini zum Dessert.
Text: Michaela Bavandi